Paul Klee

Ernst Paul Klee (* 18. Dezember 1879 in Münchenbuchsee, Schweiz; † 29. Juni 1940 in Muralto, Schweiz) war ein deutscher Maler und Grafiker, dessen vielseitiges Werk dem Expressionismus, Konstruktivismus, Kubismus, Primitivismus und dem Surrealismus zugeordnet wird. Klee stand in engem Kontakt zur Redaktionsgemeinschaft Der Blaue Reiter und zeigte auf ihrer zweiten Ausstellung 1912 grafische Arbeiten. Dem bis zu dieser Zeit hauptsächlich als Grafiker tätigen Künstler verhalf eine 1914 gemeinsam mit August Macke und Louis Moilliet durchgeführte Reise nach Tunis zu seinem Durchbruch als Maler.


Paul Klee, photographed in 1911 by Alexander Eliasberg

Die Gedichte

Leben

Kindheit und Schulzeit

Paul Klee wurde als zweites Kind des deutschen Musiklehrers Hans Wilhelm Klee (1849–1940) und der schweizerischen Sängerin Ida Marie Klee, geb. Frick (1855–1921) geboren. Seine Schwester Mathilde († 6. Dezember 1953) kam am 28. Januar 1876 in Walzenhausen zur Welt. Der Vater stammte aus Tann in der Rhön und studierte am Stuttgarter Konservatorium Gesang, Klavier, Orgel und Violine. Dort lernte er seine spätere Frau Ida Frick kennen. Bis 1931 wirkte Hans Wilhelm Klee als Musiklehrer am Bernischen Staatsseminar in Hofwil bei Bern. Diesem Umstand war es zu verdanken, dass Klee durch das Elternhaus seine musikalischen Fähigkeiten entwickeln konnte; sie begleiteten und inspirierten ihn bis an sein Lebensende.

Im Jahr 1880 zog die Familie nach Bern, wo sie 1897 nach mehreren Wohnungswechseln ein eigenes Haus im Kirchenfeldquartier bezog. Von 1886 bis 1890 besuchte Klee die Primarschule und erhielt mit sieben Jahren Geigenunterricht an der Städtischen Musikschule. Das Geigenspiel beherrschte er bald so meisterhaft, dass er bereits als Elfjähriger als außerordentliches Mitglied bei der Bernischen Musikgesellschaft spielen durfte.

Klees weitere Interessen lagen im Zeichnen und Dichten. In seinen Schulbüchern und -heften finden sich zahllose Karikaturen. Mit dem Zeichenstift erfasste er schon früh die Silhouetten der umliegenden Städte wie Bern, Fribourg und die sie umgebende Landschaft. Sein zeichnerisches Talent wurde jedoch nicht gefördert, da seine Eltern ihn zum Musiker ausbilden lassen wollten. 1890 wechselte Klee an das Progymnasium in Bern. Im April 1898 begann er ein Tagebuch zu führen, das er bis zum Dezember 1918 ergänzte; er redigierte es im selben Jahr und ließ es mit der Überschrift „Erinnerungen an die Kindheit“ beginnen. Im September 1898 schloss er die Schulausbildung mit der Matura am Literargymnasium in Bern ab. Zur weiteren Ausbildung verließ er die Schweiz und zog nach München, um Kunst zu studieren. Mit diesem Entschluss lehnte er sich gegen den Wunsch seiner Eltern auf. Neben seinem Emanzipationswillen gab es für ihn einen weiteren Grund, sich nicht für die Musik zu entscheiden: Er sah den Höhepunkt des musikalischen Schaffens bereits überschritten und schätzte die modernen Kompositionen nicht.

Studium und Heirat

In München studierte Klee zunächst Grafik an einer Privatschule bei Heinrich Knirr, da er an der Akademie der Bildenden Künste München abgewiesen worden war und bildete sich 1899 bei Walter Ziegler (1859–1932) in der Technik des Radierens und Ätzens aus. Klee genoss das lockere studentische Leben und hatte zahlreiche Affären mit jungen Modellen, um „eine verfeinerte Sexualerfahrung“ zu erlangen. Im Februar 1900 bezog Klee ein eigenes Atelier und wechselte am 11. Oktober 1900 an die Kunstakademie in die Malklasse von Franz von Stuck, in der gleichzeitig Wassily Kandinsky studierte. Klee, der dem Unterricht wenig abgewinnen konnte, nahm nur sporadisch am Unterricht teil und lernte daher Kandinsky noch nicht kennen. Im März 1901 verließ er die Akademie wieder.

Während einer sechsmonatigen Studienreise vom 22. Oktober 1901 bis 2. Mai 1902 mit dem Bildhauer Hermann Haller nach Italien, die über Mailand, Genua, Livorno, Pisa, Rom, Porto d’Anzio, Neapel, Pompei, Sorrento, Positano, Amalfi, Gargano und Florenz führte, wurden drei Erlebnisse für seine künstlerisches Ausdrucksvermögen entscheidend, „einmal die Renaissance-Architektur in Florenz, die Paläste der Kirchen, die die Stadt der Medici zu einem Gesamtkunstwerk machen, ihr konstruktives Element, die baulichen Zahlengeheimnisse, die Proportionsverhältnisse“, zweitens hatte Klee erstmals im Aquarium von Neapel „die Imagination und Phantastik der Naturformen, deren Farbenpracht, das Märchenhafte der Meeresfauna und -flora erlebt“ sowie drittens „die spielerische Sensibilität der gotischen Tafelmalereien von Siena“.

Nach seiner Rückkehr aus Italien 1902 lebte Klee bis 1906 in seinem Elternhaus und verdiente seinen Lebensunterhalt als Geiger bei der Bernischen Musikgesellschaft, an deren Abonnementkonzerten er gleichfalls als Rezensent und Substitut wirkte, und setzte durch die Belegung anatomischer Vorlesungen und eines anatomischen Kurses seine künstlerische Ausbildung fort. 1903 entstanden die ersten der zehn bis 1905 geschaffenen Radierungen, die im Zyklus Inventionen zusammengefasst sind. Im Jahr 1904 studierte Klee im Kupferstichkabinett in München die Illustrationen von Aubrey Beardsley, William Blake und Francisco de Goya, die ihn, wie das grafische Werk von James Ensor, in dieser Zeit nachhaltig beeindruckten.

Im Mai und Juni des Jahres 1905 unternahm Klee zusammen mit seinen Jugendfreunden, dem angehenden Künstler Louis Moilliet und dem Schriftsteller Ernst Bloesch (1878–1945), eine Reise nach Paris, wo er sich dem Studium der älteren Kunst im Louvre und in der Galerie des Palais du Luxembourg widmete. In diesem Jahr nahm Klee zum ersten Mal den Impressionismus wahr und begann sich im Herbst mit der Hinterglasmalerei zu befassen. 1906 besuchte Klee in Berlin die Jahrhundertausstellung deutscher Kunst und zog im September desselben Jahres endgültig nach München, wo er am 15. September die Pianistin Lily Stumpf (* 10. Oktober 1876; † 22. September 1946) heiratete, die er 1899 bei einer Kammermusik-Soirée kennengelernt hatte. Ein Jahr später, am 30. November 1907, wurde der Sohn Felix geboren. Klee übernahm zum großen Teil die Kindererziehung und den Haushalt in ihrer Wohnung in Schwabing, Lily Klee kam für den Lebensunterhalt auf, indem sie nicht mehr als Pianistin auftrat, sondern Klavierstunden erteilte.

Im Mai 1908 wurde Klee Mitglied der Vereinigung Schweizerischer Graphiker Die Walze und nahm im selben Jahr mit drei Werken an der Ausstellung der Münchner Secession, mit sechs Werken an der Berliner Secession sowie an der Ausstellung im Münchner Glaspalast teil. Über musikalische Darbietungen referierte Klee in der Schweizer Zeitschrift Die Alpen in den Jahren 1911 und 1912.

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Rückkehr in die Schweiz als Emigrant im Jahr 1933

Nach Hitlers Machtübernahme 1933 sollte Klee einen „Ariernachweis“ erbringen. Er war in dem nationalsozialistischen Blatt Die rote Erde als „galizischer Jude“ beschimpft worden, und sein Haus in Dessau wurde durchsucht. Er verzichtete jedoch auf ein Dementi, da er sich nicht um die Gunst der Machthaber bemühen wollte. An seine Schwester Mathilde schrieb er am 6. April 1933:

„In der Blutsfrage habe ich bisher unterlassen, etwas zu tun. Felix wird […] sein Christentum nachweisen. Wenn es von mir offiziell verlangt wird, dann muss ich es auch tun. Aber von mir aus etwas gegen so plumpe Angriffe zu unternehmen, scheint mir unwürdig. Denn: Wenn es auch wahr wäre, daß ich Jude bin und aus Galizien stammte, so würde dadurch an dem Wert meiner Person und meiner Leistung nicht ein Jota geändert.“

Klee besorgte sich den Nachweis; er wurde aber von den Nationalsozialisten als „entarteter Künstler“ und „politisch unzuverlässig“ bezeichnet und am 21. April fristlos aus seinem Amt entlassen. Im Oktober schloss er einen Vertrag mit Daniel-Henry Kahnweilers Galerie Simon in Paris, die das Monopol für alle Verkäufe außerhalb der Schweiz erhielt. Sein Nachfolger an der Kunstakademie wurde Franz Radziwill, der anderthalb Jahre später unter der Anklage, „entartete Kunst“ geschaffen zu haben, ebenfalls seine Stellung aufgeben musste. Klee hatte sich von seiner Arbeitsgruppe mit den Worten verabschiedet: „Meine Herren, es riecht in Europa bedenklich nach Leichen“.

Die Düsseldorfer Wohnung wurde am 23. Dezember 1933 Jahres geräumt. Das Ehepaar Klee emigrierte noch am selben Tag in die Schweiz und zog Heiligabend 1933 in Klees Elternhaus in Bern ein. Im Juni 1934 bezogen sie eine Dreizimmer-Wohnung im Elfenauquartier, Kistlerweg 6, nachdem die zurückgelassenen Möbel und Bilder aus Düsseldorf in Bern eingetroffen waren. Schon im Frühling 1934 reichte er ein Einbürgerungsgesuch ein, das aufgrund des Berliner Abkommens vom 4. Mai 1933 abgelehnt wurde: Deutsche Staatsbürger durften sich erst um das Schweizer Bürgerrecht bewerben, wenn sie sich seit fünf Jahren ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten hatten.

Letzte Jahre

Die Kunsthalle Bern eröffnete am 23. Februar 1935 eine Retrospektive Klees, in Kombination mit Werken von Hermann Haller, die später in reduzierter Form in der Kunsthalle Basel gezeigt wurde. Im August des Jahres 1935 erkrankte Klee an einer Bronchitis, die sich zu einer Lungenentzündung ausweitete, und im November an Sklerodermie, einer unheilbaren Krankheit. Diese Krankheitsbezeichnung erschien in der Fachliteratur erstmals 14 Jahre nach seinem Tod. Die Diagnose ist jedoch hypothetisch, da medizinische Unterlagen fehlen. Aufgrund der Erkrankung stagnierte seine Arbeit in den nächsten beiden Jahren. Trotz der Einschränkungen durch die zunehmende Verhärtung der Haut hatte er ab Frühjahr 1937 noch einmal eine sehr produktive Schaffensphase. Er improvisierte viel und bediente sich verschiedener Ausdrucksformen, darunter Bleistift-, Kreide- und Tuschezeichnungen. Dabei thematisierte er seinen sich verschlechternden Gesundheitszustand durch Darstellungen leidender Figuren und verwendete größere Pinsel, die ihm die Arbeit erleichterten.

Am 19. Juli 1937 wurde in München die Ausstellung „Entartete Kunst“ eröffnet, in der Klee mit 17 Werken vertreten war, darunter Sumpflegende aus dem Jahr 1919. Sie wurde als Wanderausstellung im weiteren Verlauf in Berlin, Leipzig, Düsseldorf und Salzburg gezeigt. Ab August desselben Jahres wurden die ersten zeitgenössischen Kunstwerke beschlagnahmt, darunter die bereits in der Münchner Ausstellung als „entartet“ diffamierten Werke Klees. Im weiteren Verlauf wurden weitere 102 Werke von Paul Klee in deutschen Sammlungen als „entartete Kunst“ beschlagnahmt und ins Ausland verkauft. Eine Vielzahl der beschlagnahmten Kunstwerke gelangte über den Berliner Kunsthändler Karl Buchholz, Eigentümer der New Yorker Buchholz Gallery, auf den US-amerikanischen Markt. Buchholz war größter Abnehmer der „Kommission zur Verwertung der Produkte entarteter Kunst“, denn er konnte mit den entsprechenden Devisen bezahlen. Er schickte die Werke ausschließlich an seine Filiale in New York, da sie nur außerhalb des Deutschen Reiches verkauft werden sollten.

Zwischen Januar und März 1939 organisierte der US-amerikanische Komponist und Künstler John Cage, der durch seine engen Kontakte zu Galka Scheyer intime Kenntnisse über die Gruppe Die Blaue Vier hatte und der bereits als 22-Jähriger das Jawlensky-Gemälde Meditation aus dem Jahre 1934 erworben hatte, eine kleine Ausstellung in der Cornish School in Seattle mit Werken von Paul Klee, Alexej von Jawlensky und Wassily Kandinsky. Im April desselben Jahres stellte Klee einen zweiten Antrag auf Einbürgerung. Sein Gesuch wurde von der Polizei kritisch überprüft, denn in der Öffentlichkeit wurde die moderne Kunst als eine Begleiterscheinung linker Politik angesehen. In geheimen Berichten eines Polizeibeamten wurde Klees Werk als „eine Beleidigung gegen die wirkliche Kunst und eine Verschlechterung des guten Geschmacks“ angesehen, und die Presse unterstellte ihm, seine Kunst werde von jüdischen Händlern aus rein finanziellen Gründen gefördert. Trotz des Polizeiberichts erhielt Klee am 19. Dezember 1939 die Bewilligung seines Einbürgerungsantrags. Am 16. Februar 1940 wurde im Kunsthaus Zürich die Jubiläumsausstellung „Paul Klee. Neue Werke“ eröffnet, die die einzige vom Künstler selbst konzipierte Präsentation seines Spätwerks sein sollte. Nach weiteren Anhörungen wollte der Gemeinderat der Stadt Bern am 5. Juli 1940 endgültig über die Einbürgerung entscheiden. Sein Gesuch wurde jedoch nicht mehr bearbeitet, da sich Anfang April 1940 sein Gesundheitszustand verschlechterte, weshalb er am 10. Mai einen Kuraufenthalt in einem Sanatorium in Locarno-Muralto begann. Er starb am 29. Juni 1940, eine Woche vor der Sitzung, in der Clinica Sant’Agnese in Muralto.

Klees Biografin, Carola Giedion-Welcker, hatte den Künstler kurz vor seinem Tod in seiner Berner Wohnung besucht. Sie berichtet, dass Klee über die Angriffe der Presse, die im Zusammenhang mit einer großen Zürcher Ausstellung seines Spätwerks standen, erregt und verärgert war, drohten sie doch sein Ersuchen auf Einbürgerung empfindlich zu stören oder sogar zu vereiteln.

Auf der Grabplatte seines Vaters auf dem Berner Schosshaldenfriedhof ließ Felix Klee im Jahr 1946 einen programmatischen Text Klees aus dem Jahr 1920 einmeißeln:

„Diesseitig bin ich gar nicht fassbar
Denn ich wohne grad so gut bei den Toten
Wie bei den Ungeborenen
Etwas näher dem Herzen der Schöpfung als üblich
Und noch lange nicht nahe genug.“


Klees Nachlass

Nach dem Tod Paul Klees blieb Lily Klee in Bern. Um den Ausverkauf des Klee-Nachlasses zu verhindern, erwarben die Berner Sammler Hans Meyer-Benteli und Hermann Rupf unter Vermittlung von Rolf Bürgi, dem persönlichen Berater und Privatsekretär Lily Klees, zwei Tage vor ihrem Tod am 20. September 1946 den gesamten künstlerischen und schriftlichen Nachlass des Künstlers. Am 24. September 1946 gründeten Meyer-Bentely, Rupf und Bürgi und der gleichfalls in Bern wohnhafte Werner Allenbach die Klee-Gesellschaft und überführten den um die 6000 Werke umfassenden Nachlass in ihren Besitz. Diese gründete ein Jahr später die Paul-Klee-Stiftung, die sie mit rund 1700 Werken und mehreren Schriftstücken aus dem künstlerischen Nachlass bestückte. Im Jahre 1950 wurden der Stiftung, mit Depositum im Kunstmuseum Bern, weitere 1500 Werke zugeführt. Durch diesen Verkauf konnte Lily Klee verhindern, dass der gesamte Nachlass ihres Mannes gemäß dem Washingtoner Abkommen, dem die Schweiz kurz zuvor beigetreten war, zugunsten der alliierten Mächte liquidiert werden konnte.

Im Jahr 1946, nachdem Felix Klee aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war, erlitt Lily Klee am 16. September „vor freudiger Erregung“ über die Nachricht der Heimkehr ihres Sohnes – wie Maria Marc berichtete – einen Schlaganfall, an dessen Folgen sie am 22. September starb. Zwei Jahre später übersiedelte Felix Klee mit seiner Familie ebenfalls nach Bern. Dort machte der Alleinerbe seine Rechte am gesamten Nachlass geltend. Ein vierjähriger Rechtsstreit zwischen ihm und der Klee-Gesellschaft wurde Ende 1952 durch eine außergerichtliche Vereinbarung beigelegt. Der Nachlass wurde aufgeteilt. Beide Sammlungen blieben in Bern und konnten aufgrund der Initiative der Erben von Felix Klee († 1990) – Livia Klee-Meyer († 2011), die zweite Frau von Felix Klee, und Alexander Klee, der Sohn von Felix Klee aus erster Ehe – der Paul-Klee-Stiftung und der Berner Behörden mit der Eröffnung des Zentrums Paul Klee im Jahr 2005 wieder zusammengeführt werden.

Kunsttheoretische Schriften, Tagebücher, Briefe und Gedichte

Nach der Heirat 1906 und der Übersiedlung nach München war Paul Klee außer als Künstler auch journalistisch tätig. So schrieb er von November 1911 bis Dezember 1912 für die Berner Zeitschrift Die Alpen Beiträge über das Münchner Kunst- und Musikleben. Im Augustheft des Jahres 1912 veröffentlichte Klee einen Bericht über die vom 7. Juli bis 31. Juli stattfindende Ausstellung im Kunsthaus Zürich, bei der Werke des von Hans Arp, Walter Helbig und Oscar Lüthi gegründeten „Modernen Bundes“, einer Vereinigung von Schweizer Künstlern, zusammen mit Werken des Blauen Reiters gezeigt wurden. Klee verwendet in seinem Bericht den Begriff Expressionismus, jedoch anders, als es seine Zeitgenossen taten. Für Klee war mit dem Expressionismus nicht nur die künstlerische Entwicklung weiter vorangetrieben worden, sondern wirklich Neuland für künstlerische Möglichkeiten im Sinne eines „erweiterten Kunstgebiets“ erschlossen worden.

Nach 1912 beschränkte Klee seine schriftlichen Veröffentlichungen auf kunsttheoretische Aufsätze, die hauptsächlich zwischen 1920 und 1925 entstanden, sowie auf Abhandlungen über Wassily Kandinsky (1926) und Emil Nolde (1927). 1957 wurden die Tagebücher (1898–1918) postum veröffentlicht, 1960 Gedichte und 1979 Briefe an die Familie. Die Kunsttheorien bedeuten neben den Tagebuchnotizen die wichtigsten Quellen und Wegweiser zu seinem Werk.

Bereits während des Ersten Weltkriegs begann Klee 1918 seine erste kunsttheoretische Auseinandersetzung, die Schöpferische Konfession. Veröffentlicht wurde sie 1920 in Berlin zusammen mit den Bekenntnissen anderer Maler und Dichter in „Tribüne der Kunst und der Zeit. Eine Schriftensammlung“, herausgegeben von Kasimir Edschmid. Der bekannte erste Satz daraus – „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“ – zeigt Klees Gestaltungstendenz auf, die Sichtbarmachung einer inneren Welt der Vorstellungen in sein Werk einzufügen. Ausgehend von Leonardo da Vinci, über Robert Delaunay und Wassily Kandinsky, löste sich Klee in dieser Schrift von der Auffassung der simultanen Bilderfassung. Der kleine Band wurde erstmals 1919 in Leipzig gedruckt und wird im Originalmanuskript von der Paul Klee Stiftung im Kunstmuseum Bern in einem Wachstuchheft zusammen mit autobiografischen Texten Klees verwahrt.

Im Oktober 1920 erschien die Schrift Farbe als Wissenschaft. Dieser kurze Text, den Klee auf Anregung des Kunsthistorikers Hans Hildebrandt für das Farben-Sonderheft Das Werk. Mitteilungen des Deutschen Werkbundes verfasste, polemisiert nicht nur gegen die mathetische Farbenlehre des Chemikers und Physikers Wilhelm Ostwald, „sondern enthält zwei grundlegende Hinweise: Es bedürfe keiner Farbenlehre und die Farbwerte seien relative Größen. Die Farbe wird hier erstmals expressis verbis als Absolutum verstanden.“

Im ersten Band der Bauhausbücher erschien 1923 unter anderen Beiträgen Klees Wege des Naturstudiums, in der er die Natur als ein „sine qua non“ der künstlerischen Arbeit beschreibt und die trotz aller freien Umformung der Ausgangspunkt des Künstlers bleiben soll. Im Jahr 1925 erschien als Bauhausbuch Nr. 2 sein Pädogogisches Skizzenbuch, das auf die optische Erziehung des Schülers gerichtet ist und sich hauptsächlich mit den grafischen und farbigen Ausdrucksmitteln beschäftigt.

Aus Anlass seiner am 19. Januar 1924 eröffneten Bilderausstellung im Jenaer Kunstverein im Prinzessinnenschlößchen hielt Klee am 26. Januar seinen bekannt gewordenen Jenaer Vortrag, den der Künstler in seiner Zeit am Bauhaus verfasste und der erstmals 1945 postum unter dem Titel Über die moderne Kunst im Verlag Benteli, Bern-Bümplitz, veröffentlicht wurde. Klee entwickelte darin das vergleichende Bild vom Baum, seinen Wurzeln und der Krone, der Künstler spielt darin den Stamm in der Rolle des Vermittlers, um „aus der Tiefe Kommendes zu sammeln und weiterzuleiten“. Nach Klee sollte die moderne Kunst im Verwandlungsprozess „das veränderte umgeformte Abbild der Natur“ entstehen lassen. Was die Kubisten „création et non imitation“ nannten, formulierte Klee als „Wiedergeburt der Natur im Bilde.“

Literatur (Auswahl)

Schriften von Klee

  • Schöpferische Konfession. In: Tribüne der Kunst und der Zeit. Eine Schriftensammlung. Hrsg. von Kasimir Edschmid. Reiß, Berlin 1920
  • Paul Klee: Die Farbe als Wissenschaft. In: Das Werk. Mitteilungen des Deutschen Werkbundes, Bnd. 1, Berlin/ München 1920, Farben-Sonderheft, S. 8
  • Wege des Naturstudiums. In: Staatliches Bauhaus 1919–1923, Bauhaus Verlag, Weimar 1923, S. 24–25
  • Exakte Versuche im Bereich der Kunst. In: Bauhaus Zeitschrift für Gestaltung 1, 1928
  • Über die moderne Kunst. Vortrag zur Ausstellung im Kunstverein Jena 1924, erstmals veröffentlicht im Verlag Benteli, Bern-Bümplitz 1945; Palm & Enke, Erlangen 1995, ISBN 3-7896-0550-6, zudem in Spiller I, S. 81 ff.
  • Pädagogisches Skizzenbuch. Erstausgabe als Bauhausbuch 2 im Jahr 1925, Neuausgabe Gebr. Mann, Berlin 2003, ISBN 3-7861-1458-7.
  • Das bildnerische Denken. Hrsg u. bearb. von Jürg Spiller, Schwabe, Basel/Stuttgart 1971
  • Unendliche Naturgeschichte. Hrsg. u. bearb. von Jürg Spiller, Schwabe, Basel/Stuttgart 1971
  • Schriften, Rezensionen und Aufsätze. Hrsg. von Christian Geelhaar, Köln, 1976
  • Beiträge zur bildnerischen Formlehre. Faksimile-Ausgabe, Basel/Stuttgart, 1979
  • Gedichte. Hrsg. von Felix Klee. Arche, Zürich 2005 (2. Aufl.), ISBN 3-7160-1650-0



Quelle: Wikipedia

 

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