Rudolf Borchardt

Rudolf Borchardt (* 9. Juni 1877 in Königsberg; † 10. Januar 1945 in Trins bei Steinach in Tirol) war ein deutscher Schriftsteller, Lyriker, Übersetzer und Redner.


Quelle: Deutsches Literaturarchiv Marbach via Wikipedia

 

Rudolf Borchardt Funde

 

Rudolf Borchardt - Gedichte

 

Leben

Rudolf Borchardt wurde als zweites Kind des jüdischen Kaufmanns Robert Martin Borchardt (1848–1908) und seiner Frau Rose, geb. Bernstein (1854–1943), geboren. Er verbrachte die ersten fünf Lebensjahre in Moskau und zog 1892 mit seiner Familie nach Berlin. Da seine Leistungen am Gymnasium nicht ausreichten, gab die Familie ihn in die Obhut des Gymnasialprofessors F. Witte, der ihn an zwei Königlichen Gymnasien in den Traditionen evangelischen Lebens und der „Treue gegen den König“ erzog. Schon in dieser Zeit prägte ihn die Lektüre der Schriften Herders. 1895 studierte er in Berlin zunächst Theologie, später klassische Philologie und Archäologie. Diese Studien setzte er 1896 in Bonn und Göttingen fort und studierte daneben noch Germanistik und Ägyptologie.

Bleibende Eindrücke hinterließen 1898 das Frühwerk Hugo von Hofmannsthals und das Werk Stefan Georges. 1898 begann Borchardt mit der Arbeit an einer Dissertation über Gattungen der griechischen Lyrik, die jedoch nicht abgeschlossen wurde.
Nach persönlichen Krisen und einer schweren Erkrankung im Februar 1901 verwarf Borchardt den Plan einer Universitätslaufbahn.

Im Januar 1902 überwarf Borchardt sich mit seinem Vater, da dieser ihm monatliche Zahlungen verweigerte. Am 17. Februar reiste er nach Rodaun und besuchte den von ihm verehrten Hugo von Hofmannsthal. Seit 1903 lebte er mit einigen Unterbrechungen in der Toskana und wohnte in einer Villa bei Lucca.

1906 heiratete Borchardt die Malerin Karoline Ehmann in London und kehrte mit ihr nach Italien zurück, von wo aus ihn als gefragten Redner bis 1933 etliche Vortragsreisen nach Deutschland führten.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges kehrte er nach Deutschland zurück, war zunächst Infanterieoffizier und arbeitete später im Generalstab. Nach der 1919 erfolgten Scheidung von Karoline heiratete Borchardt 1920 Marie Luise Voigt, eine Nichte Rudolf Alexander Schröders, mit dem er seit langem befreundet war. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor.

Im August 1944 wurden Borchardt und seine Frau in Italien von der SS verhaftet und nach Innsbruck transportiert. Nach der Freilassung versteckten sie sich in Tirol. Am 10. Januar 1945 starb Rudolf Borchardt dort an einem Herzversagen.

Werk

Das lyrische Schaffen Rudolf Borchardts, der zunächst dem Georgekreis verbunden war, kann nur schwer bestimmten literarischen Strömungen seiner Zeit wie der Neuromantik oder dem Fin de siècle zugerechnet werden. Infolge selbstgewählter Isolation blieb er ein Solitär, ein poeta doctus mit höchstem Anspruch an sich und andere. Er wurde geprägt vom Studium der Altertumswissenschaft und durch die Dichtungen Georges und Hofmannsthals.

Sein Traditionsbewusstsein ließ ihn die Bewegungen der literarischen Moderne ablehnen, von der Konzeption der poésie pure bis zur Formzertrümmerung des Expressionismus. Während er im Gegensatz zu Rainer Maria Rilke in seiner Jugend eigene Werke nicht publizieren ließ – von seltenen Privatdrucken im Inselverlag abgesehen –, ging er seit 1905 an die Öffentlichkeit. So mit seinem Gespräch über Formen und Platons Lysis und der Rede über Hofmannsthal, mit denen er seine strenge Formauffassung und Übersetzungstheorie begründete. Das mit seinen Freunden Schröder und Hofmannsthal herausgegebene Jahrbuch Hesperus veröffentlichte 1908 etwa Borchardts Kritik an Stefan Georges Siebentem Ring sowie erste Übersetzungsproben. Erst nach dem Ersten Weltkrieg erreichte Borchardt ein breiteres, wenn auch kein großes Publikum.

Borchardt entwickelte eine Vision vom Kosmos alteuropäischer Überlieferung und entwarf in einer teils bewusst gewählten Isolation ein ästhetisches Programm der Schöpferischen Restauration, wie der Titel einer 1927 gehaltenen Rede lautete. Er wandte sich gegen den Traditionsbruch der modernen Gesellschaft, gegen die „Anarchie der Moden“ und künstlerischen Stile, denen er das romantische Programm der Restauration eines deutschen Kulturbegriffs entgegenstellte. Dieser sollte die Tradition des Abendlandes, die Welt der Antike bis zu Klassizismus und Romantik vereinigen und der Identifikationsstiftung einer deutschen Nation dienen. So stand Borchardt den konservativen Strömungen seiner Zeit nahe, deren verbindendes Moment ein Hunger nach Mythos war und zu denen auch sein Freund Hofmannsthal gehörte, der in seiner berühmten Rede über Das Schrifttum als geistiger Raum der Nation 1927 die Konservative Revolution beschwören sollte.

Im Zentrum standen gleichrangig die Antike und Dante, für dessen Göttliche Komödie Borchardt in jahrzehntelanger Arbeit ein eigenes Deutsch ersann – Schöpferische Restauration aus der erneuernden Kraft der Poesie. Epen wie Das Buch Joram und der ritterlich gewandete Durant, aber auch Dramen, landschaftshistorische Essays (Villa, Pisa), selbst Gegenwartsnovellen sollten Muster angewandter Formgeschichte sein.

Zahlreiche Übersetzungen und Anthologien für die „Bremer Presse“, darunter der Ewige Vorrat deutscher Poesie (1926), beruhen ebenso auf philologischer Divination. Allianzen - so schon die Mitarbeit an der Zeitschrift Die Insel - waren kaum je von Dauer; der peremptorische Gestus des Dichters gefährdete oft selbst enge Freundschaften wie die zu Hugo von Hofmannsthal und Rudolf Alexander Schröder. Auch Tagesprosa und Reden, mit denen er in der Weimarer Republik für sein nationalkonservatives Bild der poetisch-politischen Tradition warb, blieben von geringer Wirkung.

Für Borchardts Idee der schöpferischen Restauration ist sein Übersetzungswerk von zentraler Bedeutung, ein Werk, das er als sprachschöpferische Erneuerung der abendländischen Tradition verstand. Seine eigene Dichtung verband er ebenfalls mit dem Anspruch, der Zeit des „um sich greifenden Formzerfalls“ mit jedem Werk ein Muster seiner Gattung entgegenzustellen. Seine Lebensaufgabe, in „Gegnerschaft gegen den modernen Zeitgeist“ an einer „Restauration deutscher Kulturtotalität aus ihren gesamten geschichtlichen Beständen“ zu wirken, wurde durch die nationalsozialistische Machtergreifung jäh beendet. Da er von den meisten Publikationsmöglichkeiten abgeschnitten war, konzentrierte er sich in Italien auf historische und philologische Studien und widmete sich seinem Gartenbuch (Der leidenschaftliche Gärtner).

Erst postum konnten die zeitkritischen Jamben (1935) und Der leidenschaftliche Gärtner, letzter Ausdruck seiner Kulturvision, erscheinen. Seit 1955 zeigt eine Werkausgabe, seit 1994 eine Briefedition Borchardts Schaffen.

Werke

  • Zehn Gedichte. 1896
  • Rede über Hofmannsthal. 1905
  • Villa 1908
  • Jugendgedichte. 1913
  • Der Krieg und die deutsche Selbsteinkehr. Rede öffentlich gehalten am 5. Dezember 1914 zu Heidelberg. Die Argonauten Achtes Heft 1915
  • Rudolf Borchardts Schriften, 7 Bände, Berlin, Rowohlt 1920-1925
  • Ausgewählte Werke 1900-1918. Berlin, Rowohlt 1925.
  • Ewiger Vorrat deutscher Poesie. Anthologie, hrsg. von Borchardt 1926
  • Das hoffnungslose Geschlecht. Erzählungen. 1929. Darin die Novelle: Der unwürdige Liebhaber
  • Pamela. Komödie. 1934
  • Volterra. Prosa 1935
  • Vereinigung durch den Feind hindurch. Roman. 1937
  • Gesammelte Werke in Einzelausgaben. 14 Bände. Klett-Cotta, Stuttgart 1956–1990
  • Leben von ihm selbst erzählt. Suhrkamp Frankfurt/Main 2002. ISBN 351822350X
  • „Anabasis“ - Aufzeichnungen, Dokumente, Erinnerungen 1943–1945, hrsg. von Cornelius Borchardt in Verbindung mit dem Rudolf Borchardt Archiv, München Wien (Edition Tenschert bei Hanser) 2003. ISBN 3446203850
  • „Deutsche Renaissancelyrik“, aus dem Nachlass rekonstruiert und herausgegeben von Stefan Knödler, München (Edition Tenschert bei Hanser) 2008. ISBN 978-3-446-23033-0

Quelle: Wikipedia

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